Ökumenischer Bibelkreis
im "Jugendraum" der Ev. Kirchengemeinde Mettlach-Perl, Parkstraße 3 weiterlesen
Aus Richtung Wendalinusstraße oder um die Ecke Beethovenstraße kommend ist das Kunstwerk nicht zu übersehen. Glänzend schwarze, wuchtige Natursteinklötze, zwei Meter hoch, in Form eines Torbogens errichtet, mit strahlend weißen Buchstaben graviert – der Mittelpunkt der neuen zentralen St. Wendeler Holocaust-Gedenkstätte macht auf sich aufmerksam.
Am 8. Mai, dem Friedenstag, am dem vor knapp 80 Jahren der Zweite Weltkrieg endete, wurde das neue Mahnmal auf dem Vorplatz der Evangelischen Stadtkirche eingeweiht. Es wurde auf Initiative des Vereins „Wider das Vergessen“ Marpingen in Kooperation mit der Evangelischen Kirchengemeinde St. Wendel-Illtal errichtet.
Seit vielen Jahren sei es „großes Anliegen des Vereins und mein persönliches Anliegen“, eine solche Gedenkstätte in zentraler Lage zu errichten, sagte der Vereinsvorsitzende Eberhard Wagner vor knapp 100 Gästen bei der Einweihung. Im Gegensatz zu Stolpersteinen könne man diese Gedenkstätte „nicht mehr übersehen“. Verewigt sind auf dem Bogen auch die Namen von 34 jüdischen Mitmenschen aus St. Wendel, die nachweislich im Holocaust den Tod gefunden haben. Das Wissen um diese Opfer und die Verbrechen im Nationalsozialismus müsse am Leben gehalten werden, denn ohne Wissen könne man sich nicht erinnern, so Wagner.
Entwurf und Umsetzung des Denkmals stammen von dem Bildhauer Gerd Kraushaar aus Hoof. Beeindruckend sind das Symbolprogramm und die Liebe fürs Detail, die Künstler Kraushaar bei aller Schlichtheit der tonnenschweren schwarzen Steine in sein Werk aufgenommen hat. So sind die beiden thronenden Leitapelle „Für Versöhnung und Verständigung“ sowie „Wider das Vergessen“ in deutscher und hebräischer Sprache graviert. Neben den Namen der jüdischen Opfer sind auch die Namen dreier Sinti-Kinder sowie der von Johann Adam Huber aus Urexweiler im Gedenkbogen verewigt. Sie stehen stellvertretend für die Sinti und Roma sowie die Homosexuellen, die im Dritten Reich ermordet wurden. Auch Archivfotos und ein Gebet der Frauen aus dem KZ Ravensbrück finden diskret ihren Platz auf der dreiteiligen Stele.
Es sei ihm ein Anliegen gewesen, „neben dem Leidensweg der Opfer in den Tod auch etwas Verbindendes und Hoffnung Erweckendes zu symbolisieren“, erläuterte Kraushaar. Vor diesem Hintergrund entschied er sich für ein Tor als Form, um diese scheinbaren Gegensätze auszudrücken. Dieses Tor musste unbedingt offen in beide Richtungen sein, im Unterschied zum Lagertor von Auschwitz. „Wir können unseren Standort in Freiheit wählen“, so Kraushaar, der auch auf die Möglichkeit hinwies, im Zwischenraum, unter den Bögen zu verweilen, „gewissermaßen in einen Raum zwischen der Welt und Gott“. Dass das Denkmal zwischen einer christlichen Kirche und dem Rathaus so gut platziert stehe, sei für ihn daher eine „glückliche Fügung“.
Für die Evangelische Kirchengemeinde St. Wendel war es eine Selbstverständlichkeit, den Vorplatz ihrer Stadtkirche als Gedenkort zur Verfügung zu stellen. „Erinnern gehört zum Christentum nun mal wesentlich dazu“, führte Pfarrer Ulrich Kräuter aus. Zum Erinnern zähle nämlich auch das, „was die Message von Jesus war, nämlich alle Menschen in den Blick zu nehmen“. Deshalb sei es gut, dass das Denkmal vor der Kirche stehe. Mehr noch, der Platz selbst hat sogar eine symbolische Bedeutung, wie Pfarrerin Gabriele Kräuter erklärte. Neben der Kirche stehe es in Sichtweite des Kirchturms, „auf dem der Hahn des Petrus sich dreht, als Erinnerung, dass wir immer in Gefahr sind zu verraten, was unsere eigene Menschlichkeit ausmacht“.
Neben Vertretern der finanziellen Förderer – dem saarländischen Umweltministerium und der Kulturlandschaftsinitiative (Kulani) St. Wendel – wirkten Vertreterinnen der Opferverbände (Synagogengemeinde Saar, Landesverband der Sinti und Roma sowie Lesben- und Schwulenverband Saar) und saarländische Politiker aus der Region an der Gedenkveranstaltung mit. Klarinettist Jürgen Brill begleitete die Einweihung musikalisch.